Vor ein paar Tagen war Oberstleutnant Sean Papendorf auf der Kommandeurstagung des Heeres. Großer Auftrieb von Bataillonskommandeuren. Und einer von ihnen zeigt auf dem Handy seinen Kameraden die Fotos von der Bataillonsübergabe in Regen, als das Regener Panzergrenadierbataillon auf dem Stadtplatz den ehemaligen Kommandeur verabschiedete und mit Sean Papendorf einen neuen bekam. „Seht ihr, so wird das in Regen gemacht, vor vollem Publikum“, berichtete der Kommandeur ganz begeistert von dem militärischen Zeremoniell, wie Papendorf erzählt. Er kam als „normaler Wehrpflichtiger“ zur Bundeswehr und hatte nie den Plan, Offizier zu werden.
Gut vier Wochen ist das jetzt her, dass er am Regener Stadtplatz das Kommando über das Regener Bataillon übertragen bekam.
Papendorf sitzt im Kommandeursbüro im Stabsgebäude. Schlichtes Bundeswehr-Mobiliar. Einige Fotos, Abzeichen und Wappen aus seiner Bundeswehrlaufbahn in einem kleinem Schrank sind die einzigen persönlichen Gegenstände im Büro. Er mag es eher schlicht, sagt der Chef von rund 600 Soldatinnen und Soldaten und der Verantwortliche für Waffensysteme im Wert von sehr vielen Millionen Euro.
„Ich lebe hier meinen Traum“
Er kommt zurück auf das Foto, das sein Kommandeurs-Kamerad herumgezeigt hat. „Das sagt ja alles“, sagt er, „ich lebe hier meinen Traum“ – und diese drei Jahre hier am Standort Regen, die seien schon so etwas wie der Höhepunkt in seinem Soldatenleben.
Das Soldatenleben hat für den 41-jährigen Papendorf ganz unspektakulär begonnen. Er war Wehrpflichtiger und rückte 2003 in Tauberbischofsheim (Baden-Württemberg) ein, in das Artillerieaufklärungsbataillon 121. Den Gedanken, sich zu verpflichten oder sogar Berufssoldat zu werden, hatte er damals nicht. Er war jedoch immer schon dort, wo ein bisschen Action war, gepaart mit Kameradschaft. Aktives Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr war Papendorf, und dann hat er auch noch im Krankenhaus gejobbt. Als er dann als Wehrpflichtiger einen Zugführer mit sehr großem pädagogischem Geschick erlebte, der die jungen Menschen ebenso forderte wie förderte, war es für Papendorf schnell klar: Ich verpflichte mich und schlage die Offizierslaufbahn ein. „Ich bin hier Erzieher, Ausbilder, Führer, deshalb bin ich Offizier geworden“, sagt der Ostwestfale, der in seiner Zeit bei der Bundeswehr noch nie in einer Einheit in Bayern stationiert war. „Nein, der Dialekt ist kein Problem“, sagt er, sie würden sich alle
sehr bemühen mit dem Ostwestfalen, bei dem sich sogar schon ein „Pfiad di“ einschleicht, wenn er sich von seiner Frau verabschiedet. Papendorf ist Wochenendpendler, hat mit seiner Frau und dem vierjährigen Labrador ein Haus in Offenbach(Hessen).
Die Hauptarbeit in den vergangenen vier Wochen: Kennenlernen des Standorts und der Menschen. Ganze Tage verbrachte der Kommandeur in den einzelnen Kompanien, begleitete bei der Ausbildung, und sprach viel mit den Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaftsdienstgraden. „Ich lege viel Wert auf Kommunikation“, sagt er. Dass die Stehzeit für Kommandeure mittlerweile drei Jahre beträgt, begrüßt er. Drei Jahre am Standort zu sein, das sei wichtig für die Kontinuität und die Stabilität, so Papendorf, der in den gut 20 Jahren bei der Bundeswehr schon in Tauberbischofsheim, Augustdorf, Letzlingen, Hamburg und Genf stationiert war, unter anderem zur Generalstabsausbildung und zum Studium (Internationale Beziehungen). Dazu kamen Auslandseinsätze in Afghanistan und Litauen. Die vielen Umzüge bedeuten auch, dass Offiziere eine gewisse Leidensfähigkeit brauchen. Diese Eigenschaft benötigt Papendorf durchaus auch als Fan des 1. FC Köln, dem ruhmreichen Fußballclub, der derzeit irgendwo im Mittelfeld der 2. Bundesliga herumdümpelt.
Die Einsätze an der NATO-Ostgrenze in Litauen haben das Regener Bataillon in den vergangenen Monaten viel beschäftigt. Es gehörte zur VJTF-Einheit, es wurde intensiv und viel geübt. Die Abkürzung bedeutet „Very High Readiness Joint Task Force“. Es ist eine schnelle Eingreiftruppe, die innerhalb von 48 bis 72 Stunden bereit sein muss, dorthin verlegt zu werden, wo die Truppe benötigt wird. „Die Anforderungen an das Bataillon waren sehr hoch, die Männer und Frauen waren sehr viel unterwegs“, sagt Papendorf. Und deswegen werde das kommende Jahr, das derzeit durchgeplant wird, etwas ruhiger. „Wir müssen auch wieder durchatmen und uns auf die Ausbildung konzentrieren“, so Papendorf. Jeweils im ersten und im zweiten Halbjahr werde es voraussichtlich einen größeren Übungsplatzaufenthalt geben.
Für eine Dienstpflicht für alle jungen Menschen
Zum „Alltagsgeschäft“ kommt dann die intensive Außendarstellung des Bataillons. Edelweißcamps, bei denen junge Menschen ein paar Tage das Soldatenleben kennenlernen, und Tage der Schulen, bei denen Schülerinnen und Schüler über die Möglichkeiten der Bundeswehr informiert werden, gehören dazu. Die Truppe muss intensiv um Nachwuchs werben, nachdem sie nicht mehr über Wehrpflichtige Nachwuchs erhält, der sich dann – wie Kommandeur Sean Papendorf – für längere Zeit oder fürs ganze Berufsleben für die Bundeswehr entscheidet. „Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass es für die jungen Menschen eine allgemeine Dienstpflicht gibt, egal ob bei der Bundeswehr oder bei einer sozialen Einrichtung“, sagt Papendorf.
Sein Vorgänger Falko Dreher hat ihn natürlich auch darüber informiert, dass es für den Kommandeur des Regener Bataillons auch (angenehme) Pflicht ist, Mitglied im Pichelsteinerkomitee zu werden. Dafür hat der neue Kommandeur schon mal gute Voraussetzungen. Seine Eltern, der Vater Feuerwehrmann, die Mutter Krankenschwester, besitzen daheim einen kleinen Reiterhof, und Sean Papendorf kann durchaus mit Pferden umgehen.
Quelle:pnp.de
Foto: Lukaschik